Montag, 9. März 2015

Lastmanagement und Regelenergie – Anforderungen an Verbraucher Teil 1

Viele Verbraucher scheuen den Eintritt in den Regelenergiemarkt. Zu hoch werden die damit verbundenen Kosten und Produktionsrisiken eingeschätzt. Das ist unserer Ansicht nach ein voreiliger Schluss, der sich bei genauerer Betrachtung relativiert. 
Denn es scheitert oftmals nicht an einer Vielzahl von Eigenschaften, sondern an einzelnen Eigenschaften, die sich  mitunter „beheben“ lassen. 

Beispielsweise lässt sich der Parameter „Regelverhalten“ dadurch erfüllen, dass ein Energiemanagementsystem eingeführt wird, welches eine Mess- und Steuerbarkeit einzelner Verbraucher einführt. Fest steht: Die Bereitstellung von Regelenergie durch industrielle Verbraucher ist nicht selten ein komplexer, individueller Prozess.

Jeder industrielle Prozess ist anders und weist seine eigenen Flexibilitätsrestriktionen auf. Diese Erkenntnis spricht weder für noch gegen die Integration von Verbrauchern in den Regelenergiemarkt. 

Sie macht vielmehr zweierlei deutlich:
  • 1. die Flexibilität muss gewissermaßen aktiviert werden. Manchmal bedarf es lediglich eines geringfügigen Speicherzubaus oder der Einführung eines Energiemanagementsystems, um Flexibilität nutzbar zu machen.
  • 2. Einzelfallanalysen sind für die Identifizierung des Flexibilitätspotentials notwendig. Anders als auf der Seite der Erzeuger ist es nicht möglich, eine pauschale Aussage über die Regelenergieeignung von Branchen oder Technologien zu treffen


Zum ersten Fackten-Check

Die generellen Anforderungen für die Erbringung von Regelenergie

  • Die Einheit sollte in der Lage sein, einen bestimmten externen Leistungssollwert so schnell, zuverlässig und granular wie möglich anzusteuern
  • Sie sollte diesen Leistungssollwertes über eine vorher nicht bestimmbare Zeit so kontinuierlich wie möglich beibehalten
  • Sie sollte so schnell wie möglich auf die Leistung des Ursprungszustand zurückspringen können
  • Die generellen Parameter für die Erbringung von Regelenergie
  • Regelverhalten (Reaktionszeit der Anlage und Granularität der Regelung)
  • Fahrverhalten oder genauer Verbrauchsverhalten (stabiler und zuverlässiger Arbeitspunkt)
  • Regelleistungsband (Anteil der installierten Leistung, der flexibel geregelt werden kann)
  • Verfügbarkeit (Leistungsbereitstellung während der Ausschreibungszeiträume der Regelenergieprodukte muss gewährleistet sein – je nach Produkt bis zu einer Woche im voraus)
  • Infrastruktur & Anbindung (vollautomatisierter Regelkreislauf mit Anbindung der technischen Einheit an das Leitsystem des virtuellen Kraftwerkes über eine Fernwirkeinheit)


Die Eigenschaften industrieller Prozesse…

  • … sind meist verkettet, eingebettet in eine integrierte Wertschöpfungskette.
  • … arbeiten nach langfristigen Produktionsfahrplänen und Soll-Mengen.
  • … haben oftmals diskontinuierliche Fahrpläne nach Charge oder Auftragslage.
  • … weisen mitunter eine manuelle Steuerung der Anlagen auf.
  • … werden in der Regel nicht stufenlos geschaltet.
  • … sind Wartungsarbeiten und Anlagenstörungen ausgesetzt.
  • … weisen in der Regel eine hohe Trägheit bei der Laständerung auf.
  • … sind im Sinne einer effizienten Ressourcennutzung verfahrenstechnisch optimiert.
  • … können aufgrund von Trägheitseffekten und weiteren Eigenschaften von an der Produktion beteiligten Stoffen nicht willkürlich unterbrochen werden.
  • … haben hohe Auflagen hinsichtlich der Anlagensicherheit.
  • … weisen in der Regel die Prämisse einer autonomen Anlagensteuerung auf. Externe Eingriffe in die Anlagensteuerung sind zu vermeiden und stoßen auf kulturellen Widerstand.
  • Das Zusammenführen der einzelnen Anforderungen und Eigenschaften klingt extrem aufwendig. 

Mittwoch, 18. Februar 2015

Regelleistung oder das Eier-Problem / Einfache Begriffe aus der Energiewirtschaft einfach erklärt.

In vielen Diskussionen und Gesprächen im Zusammenhang mit den erneuerbaren Energien tauchen immer wieder Begriffe auf, die zwar jeder schon mal gehört hat, die aber unter Umständen gar nicht so leicht zu beschreiben sind. Wir versuchen Ihnen diese Begriffe näher zu bringen. Heute: Regelleistung. 

Regelleistung ist ein Begriff aus dem Berech des Kraftwerksmanagements. Die Definition auf Wikipedia gibt erste Informationen: 

Die Regelleistung, auch als Reserveleistung oder unpräzise als Regelenergie bezeichnet, gewährleistet die Versorgung der Stromkunden mit genau der benötigten elektrischen Leistung bei unvorhergesehenen Ereignissen im Stromnetz. Dazu können kurzfristig Leistungsanpassungen bei regelfähigen Kraftwerken durchgeführt werden, schnell anlaufende Kraftwerke (z. B. Gasturbinenkraftwerke) gestartet oder Pumpspeicherkraftwerke eingesetzt werden. Alternativ können bestimmte Stromkunden mit Laststeuerung kurzfristig vom Netz getrennt werden. 

Regelleistung ist ein Teil der Ausgleichsleistungen, die im Rahmen der Bereitstellung von Energie zur Deckung von Verlusten und für den Ausgleich von Differenzen zwischen Ein- und Ausspeisung) benötigt wird (§ 3 EnWG). Häufig wird der Begriff Regelenergie auch für die Energie verwendet, die die Übertragungsnetzbetreiber zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen einkaufen. In diesem Sinne ist dann Ausgleichsenergie ein Teil der Systemdienstleistungen, die die Übertragungsnetzbetreiber den unterlagerten Netzbetreibern zur Verfügung stellen. 

Das klingt erstmal recht übersichtlich, ist aber noch vielleicht ein wenig abstrakt. Prinzipiell kann man Regelleistung in zwei Bereiche einteilen: positive und negative Regelleistung. 

Ein Beispiel dafür: 
Sonntagnachmittag, kurz vor halb zwei. Einer Hausfrau - nennen wir Sie Lisbeth - fällt spontan ein, dass sie noch einen Kuchen backen wollte, da gegen 15:00 Uhr Besuch ins Haus steht. Also flugs die Zutaten rausgelegt ... und: keine Eier mehr da! Dumme Situation. Was tun? 

Also, auch wenn es schwer fällt, der Gang zum Nachbarn, um sich ein paar Eier zu besorgen. Und natürlich hat der Nachbar - nennen wir ihn Hans Händler - ein paar Eier. Die will er aber nicht ausborgen (und dafür neue bekommen) sondern sich bezahlen lassen. Und da es Sonntag ist und sonst keine Einer mehr in Sicht kosten die drei benötigten Eier auch drei Euro. Lisbeth denkt sich ihren Teil, aber zahlt zähneknirschend. Immerhin kommen ja auch die Enkelkinder und die lieben ihren Kuchen. Gar nicht auszudenken, was passiert, wenn es mit dem Kuchen nicht klappt.

Dieses Beispiel steht nun für positive Regelleistung: Irgendwo fehlen ganz kurzfristig Eier oder eben auch Strom, weil sonst was Schlimmes passiert. Fehlender Strom in unserem Leitungsnetz macht sich dann durch eine sinkende Netzfrequenz bemerkbar. Als Endkunde merkt man das natürlich nicht, aber diese Schwankungen können an Kraftwerken oder Komponenten des Stromnetzes Schaden verursachen. Deshalb muss in diesem Fall auch Strom - besser gesagt Leistung - kurzfristig gekauft werden. Wer dann anbieten kann, profitiert recht gut davon, wie unser Beispiel zeigt. 

Die negative Regelleistung - Sie ahnen es schon - hat nun was mit zuviel Eiern zu tun. 

Tage später kauft Lisbeth fast 50 Eier. Es geht ja auf Weihnachten zu und die Plätzchenbäckerei fängt an. Doch wie der Zufall so will, es kommt immer was dazwischen. Und als Sie endlich beginnt braucht sie gerade mal 5 der eingekauften Eier. Den Rest muss sie wohl oder übel wegwerfen. Lange halten die nicht mehr. Doch da kommt Ihr die Idee, die Eier an den unliebsamen Nachbarn Hans Handel zu verkaufen. Der ist jedoch erstaunt und sagt er brauche ja gar keine Eier, würde Sie aber abnehmen wenn Lisbeth ihm für die 45 Eier noch 5 Euro geben würde. 

Lisbeth ist entsetzt. Dafür zahlen, dass Sie die Eier loswerden kann? Aber abermals zähneknirschend zahlt sie die 5 Euro. - Lebensmittel wegwerfen geht ja gar nicht.

Zugegeben, der Vergleich hinkt ein wenig. Aber dieses Beispiel steht nun für negative Regelleistung. Ist irgendwo ein Überschuss an Einern oder Energie vorhanden, muss dieser verbraucht werden. Auch zu viel Energie schadet unserem Stromnetz und es müssen schnell Abnehmer gefunden werden. Und da man Strom nicht einfach wegwerfen kann, muss letztendlich für das Geschenkt bezahlt werden. 

Wie entstehen die Preise am Regelenergiemarkt?

Regelenergie ist wichtig, um die Netzstabilität im deutschen Übertragungsnetz zu gewährleisten und um somit Stromausfällen vorzubeugen. Aber was ist sie wert? Um dies jeden Tag erneut bestimmen zu können, haben die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber eine Plattform zur Ausschreibung von Regelenergie geschaffen – den Regelenergiemarkt.

Dort schreiben sie täglich bzw. wöchentlich die Menge an benötigter Regelenergie in allen drei Marktsegmenten (Primärreserve, Sekundärreserve, Minutenreserve) aus, jeweils für positive und negative Regelenergie. Wie viel Regelenergie überhaupt benötigt und ausgeschrieben wird, bestimmen die Übertragungsnetzbetreiber vierteljährlich auf Grundlage der nachgefragten Regelenergie in der Vergangenheit. Alle Anbieter von Regelenergie, die das Präqualifikationsverfahren – also das Prüf- und Zulassungsverfahren der Übertragungsnetzbetreiber – erfolgreich absolviert haben, können anschließend ihre Gebote für die ausgeschriebene Menge an Regelenergie im jeweiligen Segment abgeben.

Am Regelenergiemarkt wird hinsichtlich der Vergütung zwischen Vorhaltung und Erbringung von Regelenergie unterschieden. Alle präqualifizierten Anbieter geben ihre Gebote für die Vorhaltung ihrer Reservekapazität (Leistungspreis) sowie ein zusätzliches Gebot für die Vergütung der tatsächlichen Erbringung (Arbeitspreis) ab. Beginnend mit dem niedrigsten Leistungspreis bekommen alle Gebote einen Zuschlag, bis die ausgeschriebene Menge erreicht ist. Im zweiten Schritt werden alle bezuschlagten Gebote aufsteigend nach den Arbeitspreisen in eine Merit-Order gebracht und im Bedarfsfall abgerufen. Eine Besonderheit am Regelenergiemarkt ist das Pay-as-bid-Verfahren, das den Regelenergiemarkt vom Spotmarkt der EEX unterscheidet. Während auf dem Spotmarkt alle Gebote mit dem Markträumungspreis vergütet werden, werden die Gebote auf dem Regelenergiemarkt nur mit dem tatsächlich gebotenenen Preisen vergütet. Jeder Marktteilnehmer wird bezahlt (pay) wie er geboten hat (as bid).

In den letzten Jahren wurde der Regelenergiemarkt sukzessive liberalisiert und der Wettbewerb gestärkt. Mittlerweile sind 36 Unternehmen für die Minutenreserve und 20 Unternehmen für die Sekundärreserve präqualifiziert. Dennoch gibt es immer noch einzelne Akteure – insbesondere solche mit einem großen Portfolio an flexiblen Kraftwerkskapazitäten – welche die Preisbildung stark beeinflussen können. Diese sind auch zum Teil für die starke Preisvolatilität des Marktes verantwortlich.

Zudem sind verstärkt auch virtuelle Kraftwerke wie unser Next Pool mit Anlagen der Erneuerbaren Energien am Regelenergiemarkt tätig. Welche Auswirkungen dieser Schritt auf den Regelenergiemarkt hat, lesen Sie demnächst in einem weiteren Blog-Eintrag…

Montag, 9. Februar 2015

Novellierung der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV – tand: 11. Juli 2013)

Am 5. Juli 2013 hat der Bundesrat den Änderungen der Stromnetzentgelverordnung (StromNEV) unter bestimmten Bedingungen und Änderungen zugestimmt. Eine Verkündung der Novelle in der durch den Bundesrat vorgeschlagenen Fassung ist nocht nicht erfolgt. Nachfolgend die wichtigsten Änderungen der Regelungen zu individuellen Netzentgelten nach der StromNEV unter Berücksichtigung der Maßgaben des Bundesrates:

Für 2013 wird die im Artikel beschriebene Systematik der gestaffelten Entgeltreduzierung abhängig von der Benutzungsstundenzahl eingeführt. Diese wird nach Verkündung auf alle Neuanträge im Jahr 2013 angewandt. Bestehende Befreiungsbescheide gelten zunächst unverändert fort und verlieren ihre Wirkung nach der Verordnung zum 31. Dezember 2013, ohne dass es einer Aufhebung durch die Regulierungsbehörden bedarf. Von den Regulierungsbehörden noch nicht beschiedene Anträge nach § 19 Abs. 2 StromNEV alter Fassung können nach den novellierten Maßgaben auch rückwirkend zum 1. Januar 2012 noch beschieden werden. Die zuständige Regulierungsbehörde kann also bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen und einer entsprechenden Antragstellung eine Genehmigung eines individuellen Netzentgeltes mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 erteilen. Auch diese Genehmigungen enden zum 31. Dezember 2013.

Ab dem 1. Januar 2014 gilt die beschriebene neue Systematik der Ermittlung individueller Netzentgelte. Ab dann ist bei der Bemessung und Genehmigung des individuellen Netzentgelts die wieder eingeführte physikalische Komponente zu berücksichtigen. Nach den Ausführungen in der Verordnungsbegründung lehnt sich diese an die bis 2011 bestehende Praxis zur Ermittlung des „physikalischen Pfads“ an. Es ist davon auszugehen, dass die Bundesnetzagentur hierzu eine Regelung treffen wird, da die Altregelung aufgrund der durch die Energiewende geänderten Parameter nicht ohne Anpassungen übertragbar erscheint. Bei Bestehen einer Festlegung der Bundesnetzagentur zu den Kriterien der sachgerechten Ermittlung individueller Netzentgelte entfällt nunmehr die Pflicht einer Genehmigung der Regulierungsbehörde. Vielmehr genügt dann eine schriftliche Anzeige an die Behörde. Bei Rechtswidrigkeit kann die Regulierungsbehörde die Vereinbarung über das individuelle Netzentgelt untersagen. Damit sollen die zum Teil ausgedehnten Bescheidungszeiträume verkürzt und lange Zeiten der Rechtsunsicherheit bis zur endgültigen Bescheidung des individuellen Netzentgelts entfallen.